Eine Einheit der US-Armee feuert eine Rakete vom Typ ATACMS ab (Aufnahme vom 29.07.2017).

Krieg gegen die Ukraine USA bestätigen Lieferung von ATACMS-Raketen

Stand: 25.04.2024 07:49 Uhr

Lange wurde gezögert, jetzt ist es offiziell: Die Ukraine hat weitreichende ATACMS-Raketen aus den USA erhalten. Weitere sollen folgen. Steigt dadurch der Druck auf Deutschland, "Taurus"-Marschflugkörper zu liefern?

Kaum hatte US-Präsident Joe Biden versichert, neue Waffenlieferungen an die Ukraine würden sofort auf den Weg gebracht, standen plötzlich Lieferungen der Vergangenheit im Fokus.

Jake Sullivan, nationaler Sicherheitsberater des Präsidenten, bestätigte einen Bericht der New York Times, nach dem die USA schon vor Wochen heimlich Raketen mit deutlich größerer Reichweite als bisher an die Ukraine geliefert haben. "Im Februar hat der Präsident sein Team angewiesen, der Ukraine eine bedeutende Zahl an ATACMS-Raketen bereitzustellen", sagte Sullivan und fügte hinzu: "zur Verwendung innerhalb ihres eigenen Territoriums."

Birgit Virnich, ARD Kiew, zu der Lieferung von ATACMS-Raketen der USA an die Ukraine

tagesschau, 25.04.2024 14:00 Uhr

Reichweite von bis zu 300 Kilometern

Der Zusatz ist wichtig. Denn die neu gelieferten Präzisionswaffen haben eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern. Die Ukraine kann so auf russische Stellungen deutlich hinter den Frontlinien zielen und hat dies offenbar vergangene Woche schon zweimal getan: Beschossen wurden ein Flugfeld auf der von Russland besetzten Halbinsel Krim und russische Stellungen im besetzten Südosten der Ukraine. Gleichzeitig hat die Ukraine den USA laut Sullivan zugesichert, mit den ATACMS keine Ziele in Russland selbst anzugreifen.

Was sind ATACMS-Raketen - Ein Erklärstück

A. von Beyme, M. Niewiadomski, NDR, tagesschau24, 25.04.2024 11:00 Uhr

Die Abkürzung ATACMS steht für Army Tactical Missile Systems - Raketensysteme, die von Wirkung und Reichweite häufig mit den britischen "Storm Shadow" und den deutschen "Taurus"-Marschflugkörpern verglichen werden.

Die USA hatten lange gezögert, die Systeme zu liefern - nicht nur, weil die eigenen Bestände knapp sind, sondern auch, weil sie befürchteten, der Krieg könne sich auf russisches Territorium ausweiten. Sullivan nannte zwei Gründe für den Positionswechsel: Russland habe Raketen aus Nordkorea gegen die Ukraine eingesetzt und die Angriffe auf die zivile Infrastruktur der Ukraine deutlich ausgeweitet.

"Da würde ich Sie an Berlin verweisen"

Auch in der ersten, möglichst schnellen Lieferung nach der Entscheidung des US-Kongresses sollen weitere ATACMS großer Reichweite enthalten sein. Auf die Frage, ob dieser neue Waffentyp den Kriegsverlauf zugunsten der Ukraine wenden könne, sagte Bidens Sicherheitsberater: "Es gibt keine Wunderwaffe in diesem Konflikt. Diese eine neue Fähigkeit wird keine endgültige Lösung bringen."

Sullivan betonte aber auch: "Mit der Zeit wird sich die Position der Ukraine unserer Einschätzung nach verbessern. Wir glauben, die Ukraine kann und wird gewinnen."

Wird die Entscheidung der USA für weitreichende ATACMS-Raketen den Druck auf Deutschland erhöhen, doch noch "Taurus"-Marschflugkörper zu liefern, was Bundeskanzler Olaf Scholz bisher entschieden ablehnt? Würden die USA eine deutsche "Taurus"-Lieferung begrüßen? Auch danach wurde Sullivan gefragt. "Da würde ich Sie an Berlin verweisen", war seine einzige Antwort. Die Diskussion, welche Waffen die Ukraine benötigt, scheint jedenfalls auf beiden Seiten des Atlantiks noch nicht zu Ende.

Ralf Borchard, ARD Washington, tagesschau, 25.04.2024 06:36 Uhr