Ein Mädchen steht mit einem Cremetiegel vor einem Spiegel im Badezimmer.

Apothekenkette in Schweden Kein Verkauf von Anti-Faltencremes an Kinder

Stand: 27.03.2024 11:49 Uhr

Influencer machen es vor: Kinder nutzen inzwischen Anti-Faltencreme, Anti-Aging-Serum und Co. Eine schwedische Apothekenkette hat jetzt ein Verkaufsverbot für solche Produkte an unter 15-Jährige eingeführt.

Die 13-jährige Lisa steht vor einem Regal mit Hautcremes in einem Geschäft in der Stockholmer Innenstadt. Sie ist mit ihrer Mutter auf Shoppingtour, der Teenager hatte gerade Geburtstag. Hier im Kosmetikladen kann Lisa alles kaufen, was sie möchte.

Aber das ist nicht mehr überall so. In den Filialen der umsatzstärksten schwedischen Apothekenkette sind bestimmte Hautpflegeprodukte für Kinder unter 15 Jahren ab sofort tabu. Dazu gehören Anti-Faltencremes und andere Produkte für reifere Haut.

"Schädlich für Kinder"

"Es ist schädlich für Kinder, so starke Produkte zu benutzen", sagt die Apothekerin Hajer Alsaleh, die in einer Apotheke im Stadtteil Södermalm arbeitet. Bei jungen Menschen habe sich die Schutzschicht der Haut noch nicht voll entwickelt. "Und manche Inhaltsstoffe, Vitamin A zum Beispiel, schaden dieser Hautbarriere. Deshalb möchten wir nicht, dass Kinder sie anwenden."

Alsaleh nimmt ein Serum aus dem Regal, das verspricht, Altersflecken zu reduzieren. Die Inhaltsstoffe: Vitamin C, Hyaluronsäure und ein Enzym mit peelender Wirkung. Auf TikTok werde das Serum sehr oft angepriesen, sagt sie. Dass schon junge Mädchen es nutzen, sei nicht ungewöhnlich.

Gefährlicher Kosmetik-Hype mit Anti-Aging-Produkten bei Kindern

Katharina Spreier, WDR, tagesthemen, 27.03.2024 22:30 Uhr

Dabei seien diese Produkte für Kinder gar nicht geeignet, betont Anna Josefson. Sie ist Vorsitzende des schwedischen Hautärzteverbands SSDV und Oberärztin am Universitätskrankenhaus in Örebro. "Kinderhaut ist empfindlicher gegenüber irritierenden Substanzen", sagt Josefson. "Alles, was die Haut reizt, kann zu Dermatitis, zu Ekzemen führen."

Sei erst einmal eine Hautentzündung entstanden, seien Betroffene außerdem anfälliger für eine Kontaktallergie, weil die äußere Schutzschicht der Haut bereits geschädigt sei. Kinder ohne Hautprobleme bräuchten überhaupt keine Pflege außer Sonnencreme im Sommer, sagt die Dermatologin. Apothekerin Alsaleh rät zu einer milden Seife und Feuchtigkeitscreme.

"Verbot macht es leichter für Eltern"

Der Trend, dass schon junge Kinder viel mehr Produkte nutzen, zu deren Kauf sie sich unter anderem in den sozialen Medien inspirieren lassen, beunruhigt viele Hautärzte. Andere, wie Lars Norlén, Oberarzt für Dermatologie am Universitätskrankenhaus Karolinska in Stockholm, sehen dagegen kein Problem. "Es ist nicht so, dass wir jede Menge neue Fälle junger Patienten hereinbekommen, die mit der Verwendung von Hautpflegeprodukten in Verbindung stehen", sagte Norlén dem schwedischen Fernsehen.

Lisas Mutter ist trotzdem froh, dass das Verkaufsverbot in der Apothekenkette dem Thema Aufmerksamkeit verschafft hat. "Ich finde es gut, dass es eine Altersgrenze gibt", sagt Malin Hallström. "Die sozialen Medien üben einen großen Druck auf unsere Kinder aus, und es ist nicht so einfach für uns Eltern, dagegen zu halten."

Gäben Verkäufer ein Verbot oder zumindest eine Empfehlung aus, mache es das leichter für Eltern, mit ihren Kindern darüber zu sprechen, dass man diese Produkte eigentlich nicht brauche. "Dann sind es Experten, die das sagen, und nicht nur die Mutter."

"Wichtig, ein Zeichen zu setzen"

Während andere Apotheken in Schweden ebenfalls ein Verbot für jüngere Kinder in Erwägung ziehen, zögern die großen Kosmetik-Verkäufer - auch wenn die Branche jetzt über das Thema debattiert.

Online und in Beauty-Läden haben Kinder in Schweden also weiter viele Möglichkeiten, an Anti-Faltencreme und Co. zu kommen. Ob die Altersgrenze in der Apotheke also wirklich etwas bringt?

Apothekerin Alsaleh hofft zumindest auf eine Signalwirkung. "Wir sind nicht die größte Anlaufstelle für Kinder", gibt sie zu. "Aber wir hoffen, dass das Verbot eine Diskussion in Gang setzt. Und dass die Anbieter, bei denen Kinder am meisten einkaufen, ihrer Verantwortung gerecht werden und ein Verbot einführen." Es sei wichtig, ein Zeichen zu setzen, meint Alsaleh - auch wenn sich der Trend vielleicht nicht stoppen lässt.

Julia Wäschenbach, ARD Stockholm, tagesschau, 27.03.2024 10:57 Uhr