Eine Frau schaut von einem Pool auf der thailänschen Insel Koh Yao Yai aus auf das Meer.
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Thailand besteuert Zugezogene Wolken über dem Rentnerparadies

Stand: 24.03.2024 15:06 Uhr

In Thailand lässt es sich für relativ wenig Geld sehr gut leben. Viele Rentner aus Deutschland wollen dort ihren Lebensabend verbringen. Jetzt sorgen neue Steuervorschriften für Unruhe.

Von Silvia Flier, ARD-Studio Singapur

Den Ruhestand unter Palmen genießen: Davon träumen viele. Tausende Deutsche haben sich diesen Traum erfüllt, sind nach Thailand gezogen und leben dort von ihren deutschen Ersparnissen. Sie erfreuen sich nicht nur an einem erschwinglichen Leben samt Sonne, Strand und Meer, sondern auch an der Aussicht, keine Steuern zu zahlen.

Thailand, das Steuerparadies für Rentner - seit dem 1. Januar 2024 ist das Geschichte. Grund ist eine neue Auslegung des thailändischen Steuergesetzes. Die besagt: "Wenn Sie in Thailand steuerlich ansässig sind und Einkünfte im Ausland erzielen, unterliegen Sie, wenn Sie diese hierher bringen, der thailändischen Steuer", so Nathanan Junprateepchai, Rechtsexperte der thailändischen Finanzbehörde.

Das gelte im Übrigen auch für alle thailändischen Staatsangehörigen mit Geld im Ausland, betont er - aber eben auch für Tausende Rentnerinnen und Rentner aus Deutschland, die von ihren Ersparnissen und Einnahmen aus Deutschland leben.

Rentner, Privatiers, digitale Nomaden betroffen

"Für deutsche Rentnerinnen und Rentner ist das ein Hammer, eine ganz harte Nummer", sagt Steuerberater Martin Liebenow von der international tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mazars in Bangkok. Doch nicht nur Ruheständler sind betroffen. Das sei ein harter Einschnitt für alle, die nach Thailand ziehen und von ihren Ersparnissen und Einkünften aus dem Ausland leben, sagt Liebenow. Seien es Rentner, Privatiers oder die wachsende Zahl digitaler Nomaden, die von überall arbeiten und leben können, also sozusagen Homeoffice aus der Hängematte machen.

Wie viele Menschen es genau trifft, ist unklar. Ende 2022 waren es etwa 4.400 Renten, die die Deutsche Rentenversicherung an deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Thailand zahlte. Nicht erfasst werden zum Beispiel Privatiers im Vorruhestand oder Menschen, die weiterhin in Deutschland gemeldet sind.

Bisher gab es ein legales Steuerschlupfloch, durch das Rentnerinnen und Rentner weder dem deutschen noch dem thailändischen Fiskus Steuern zahlen mussten. Einzige Bedingung: Sie mussten sich mehr als 180 Tage im Jahr in Thailand aufhalten und damit thailändische Steuerinländer sein.

Und: Sie durften ihre Einkünfte - etwa Rentenzahlungen, Mieteinnahmen oder Kapitalerträge aus Deutschland - nicht im selben Jahr nach Thailand überweisen, in dem die Zahlungen angefallen sind. Wer also ein sorgen- und steuerfreies Leben im Land des Lächelns führen wollte, überwies sich sein Geld aus Deutschland erst im Folgejahr.

Probleme unter Palmen

In der deutschen Community in Thailand sorgt das Thema für Gesprächs- und Zündstoff, Verunsicherung und Verwirrung. "Was bedeutet das für mich?", fragen sich viele. Einer von ihnen ist Herbert Fendrich. Der 71-Jährige lebt seit rund sechs Jahren in Thailand, ist aus dem Schwäbischen nach Pattaya gezogen. Er geht davon aus, dass er der Steuerreform entgeht, weil er in Deutschland gemeldet ist und dort auch Steuern zahlt.

Ähnlich geht es dem 76-jährigen Willi Hoppe, der als ehemaliger Beamter seine Pension ebenfalls in Deutschland versteuert. Wer in Deutschland Steuern zahlt, muss das nicht zusätzlich in Thailand tun. Möglich macht das ein entsprechendes Doppelbesteuerungsabkommen.

Die beiden sind indes die Ausnahmen von der Regel: "Ich kenne nur wenige, die so wie ich in Deutschland gemeldet sind und dort auch Steuern zahlen", berichtet Fendrich. Das Gros sind die anderen. So wie Peter, der in der Provinz Chon Buri lebt. "Thailand wird vom Steuerparadies zur Steuerhölle", fürchtet er. Senioren könnten Thailand über kurz oder lang verlassen und in andere Länder ausweichen, beispielsweise Vietnam, die Philippinen oder Portugal, vermutet er.

Viele möchten sich auf Anfrage nicht äußern oder schildern ihre Sorgen nur anonym. Sie haben Angst, plötzlich als Steuerbetrüger zu gelten, Steuern nachzahlen zu müssen oder Probleme bei der Visumsverlängerung zu bekommen.

Thailand kündigt Änderung an

Um Ausländer, die Geld nach Thailand bringen, nicht vollends zu vergraulen, ist die thailändische Finanzverwaltung ein Stück zurückgerudert: Die Besteuerung der Einkünfte gilt jetzt nur noch für solche, die ab dem 1. Januar 2024 erzielt und nach Thailand transferiert werden - also neue Mieteinnahmen, Rentenbezüge oder Einkommen. Sogenannte "Alteinkünfte" sind ausgenommen. Das heißt: "Ersparnisse, die aus dem Ausland nach Thailand transferiert werden, sind weiterhin steuerfrei - sofern sie nachweislich vor dem 1. Januar 2024 erwirtschaftet wurden," erklärt Martin Liebenow die Rechtslage. Wie das konkret nachzuweisen ist, bleibt fraglich.

Sicher ist nur eines: die Unsicherheit. Die ist groß. Wie wird die Steuerreform praktisch umgesetzt, angewandt und kontrolliert? Mehrere Rentner in Thailand berichten, sie sorgten sich vor dem neuen bürokratischen Aufwand einer thailändischen Steuererklärung mit ausländischen Einkommensnachweisen und übersetzten Dokumenten.

Manche mahnen da erst einmal zu Gelassenheit. So wie Stefan, der ebenfalls als Rentner in Chon Buri lebt. Trotz neuer Steuer habe er in Thailand immer noch eine viel höhere Lebensqualität als in Deutschland.

Jennifer Johnston, ARD Singapur, tagesschau, 22.03.2024 14:50 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Kultur am 21. März 2024 um 06:37 Uhr.