Projekttafel für Wohnungsbau in Citylage vor einem Rohbau.
analyse

Immobilie als Altersvorsorge Lohnt sich der Hauskauf?

Stand: 21.02.2024 08:17 Uhr

Noch immer wünscht sich eine Mehrheit in Deutschland, im eigenen Haus zu leben. Was steckt hinter diesem Wunsch? Und lohnt sich der Kauf überhaupt, verglichen mit dem Wohnen auf Miete?

Von Antonia Mannweiler, ARD-Finanzredaktion

In keinem anderen Land der EU gibt es so wenige Wohneigentümer wie in Deutschland - weniger als die Hälfte aller Deutschen lebte im Jahr 2022 in den eigenen vier Wänden. Der Wunsch ist dabei ein ganz anderer: Umfragen zufolge hegen knapp drei Viertel aller Mieterinnen und Mieter das Bedürfnis nach einer eigenen Immobilie.

Dahinter stecken finanzielle Gründe, aber auch Motive wie Sicherheit und gestalterischer Freiraum. In einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft, des Instituts für Demoskopie Allensbach und der Consult GmbH im Auftrag der Sparda-Banken vertrat eine Mehrheit der mehr als 1.000 Befragten die Meinung, dass sich der Kauf einer Immobilie lohne.

Den Lebensstandard im Alter sichern

Gerade das Thema Altersvorsorge spielt beim möglichen Immobilienkauf für viele Menschen eine wichtige Rolle. Um den vor der Rente erreichten Lebensstandard auch im Ruhestand zu halten, wird die private Altersvorsorge neben der betrieblichen und der gesetzlichen immer wichtiger.

Denn die gesetzliche Rente fällt deutlich niedriger aus als das letzte Gehalt. Aktuell beträgt das Rentenniveau in Deutschland rund 50 Prozent des durchschnittlichen Einkommens. Wer privat fürs Alter vorsorgt, kann das über Fonds, ETFs oder die Riester-Rente machen - oder eben über eine Immobilie. In den eigenen vier Wänden lässt sich im Alter schließlich mietfrei leben, so der Gedanke.

Für viele Mieter stellt sich daher die Frage, ob das Geld für die Miete nicht doch lieber dafür genutzt werden sollte, einen Immobilienkredit abzuzahlen. Getreu dem Motto: "Lieber zahle ich jeden Monat 1.000 Euro für einen Kredit ab, als jeden Monat 1.000 Euro an meinen Vermieter zu überweisen - und am Ende nichts davon zu haben." Aber stimmt diese Annahme überhaupt?

Eine Studie des Forschungsinstituts Empirica aus dem Jahr 2022 hat sich mit dem Thema befasst, wer bei Eintritt der Rente eigentlich besser dasteht: Mieter oder Eigentümer. Das Ergebnis der Befragung von 50 bis 59-Jährigen mit einem Nettoeinkommen zwischen 1.700 und 2.300 Euro war ziemlich eindeutig. So hatten Eigentümer ein mehr als fünf Mal so hohes Nettovermögen wie Mieter. Diese kamen auf ein Nettovermögen von 36.000 Euro, Eigentümer dagegen auf 190.000 Euro.

Dazu kommt, dass die Hausbesitzer sogar beim Geldvermögen die Nase vorn hatten - also bei dem, was auf dem Konto liegt und nicht in der Immobilie. Eigentümer in der gleichen Einkommensgruppe verfügten über ein Geldvermögen von knapp 52.000 Euro, Mieter nur über 31.000 Euro.

Immobilie löst "positiven Zwangssparvertrag" aus

Auch wenn solche Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind, weil sie nur die Fälle widerspiegeln, in denen der Immobilienkauf geglückt ist und viele andere Faktoren ausklammern: Ein Grund, warum Eigentümer im Alter oft vermögender dastehen, ist, dass das Abbezahlen eines Hauskredits viel Disziplin erfordert. Beim Immobilienkredit handelt es sich um eine Art positiven Zwangssparvertrag.

Die Angst, dass die Bank das frisch gebaute oder gekaufte Eigenheim wieder einkassiert, ist eine große Motivation, ausreichend viel "anzusparen", um den Kredit abzuzahlen. Hausbesitzer müssen jeden Monat eisern ihre Kreditrate an die Bank überweisen. Dafür sind Eigentümer zu Verzicht bereit und achten stärker auf die Preise, wenn es um ihre Ausgaben geht. Und das macht sich im Vermögensunterschied zwischen Immobilienbesitzern und Mietern bemerkbar.

"Ich muss mir letztlich darüber im Klaren sein - wenn ich jetzt nicht Krösus heiße -, dass die ersten zehn Jahre wahrscheinlich hart werden und dass ich Konsumverzicht üben muss", sagt der Finanzbuchautor Gerd Kommer im Podcast "Gold & Asche: Projekt Hauskauf" der ARD-Finanzredaktion. "Dass ich nicht auf die Malediven in den Urlaub fahren kann, dass ich mir vielleicht nur ein kleines Auto leisten kann, dass ich einfach sparen muss." Das gelte gerade in den ersten zehn Jahren, weil das Haushaltseinkommen in der Zeit oft noch niedriger sei.

Gold und Asche
Podcast "Gold & Asche: Projekt Hauskauf"

In der ersten Staffel von "Gold & Asche" der ARD-Finanzredaktion wird in sieben Folgen Schritt für Schritt das Wichtigste beim Hauskauf beleuchtet - mit Hintergründen und Expertenwissen. Zu hören in der ARD-Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt. Die einzelnen Episoden finden Sie hier.

Folge 1: Lohnt es sich, ein Haus zu kaufen? (21. Februar)
Folge 2: Der richtige Zeitpunkt für den Hauskauf (21. Februar)
Folge 3: Wie viel Haus kann ich mir leisten? (28. Februar)
Folge 4: Worauf muss ich beim Kredit achten? (6. März)
Folge 5: Wie der Staat den Hauskauf finanziell unterstützt (13. März)
Folge 6: Alles rund um die energetische Sanierung (20. März)
Folge 7: War früher alles besser? (27. März)

Phänomen der "Lifestyle-Inflation"

Zwar sind auch Mieterinnen und Mieter dazu verpflichtet, jeden Monat ihre Miete pünktlich zu überweisen. Sie müssen dafür aber in der Regel nicht finanziell ans Äußerste gehen, um so schnell wie möglich - spätestens bis zur Rente - schuldenfrei zu sein. Dazu gehört bei Eigentümern nämlich auch, Sondertilgungen zu leisten, wenn mal etwas übrig ist.

Im Vergleich dazu kann ein Mieter sein frei verfügbares Einkommen freiwillig neben der Miete und dem Notwendigsten am Kapitalmarkt anlegen. Doch ohne Zwang sind die wenigsten so diszipliniert.

Dieses Phänomen ist auch als "Lifestyle-Inflation" oder "Lifestyle-Creep" bekannt: Man verdient zwar mehr und könnte theoretisch das Geld sparen oder am Kapitalmarkt anlegen, stattdessen gibt man aber einfach mehr aus. Der Mieter kann sich dieses "Mehr" an Konsum leisten, das geht aber auch auf Kosten seines Vermögens.

Miete nicht eins zu eins mit Kreditrate vergleichbar

Eigentümer können also im Alter im Schnitt über ein höheres Vermögen als Mieter verfügen. Der Vergleich zwischen der monatlichen Miete und der Kreditrate an die Bank hinkt jedoch: Denn das unterstellt, dass die monatliche Belastung des Mieters gleichzusetzen ist mit der eines Eigentümers. Um zu einem korrekten Vergleich zwischen Mieter und Käufer zu gelangen, müssen aber alle Kosten des Eigenheimbesitzers in die Rechnung einfließen.

So zahlen Mieterinnen und Mieter einerseits zwar die Miete, die nicht in ihre Vermögensbildung fließt, andererseits tragen sie aber auch überhaupt kein Risiko, wie Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegenüber der ARD-Finanzredaktion erklärt. Wenn etwas kaputt gehe, saniert oder instandgehalten werden müsse, zahle das nicht der Mieter. Der Eigentümer müsse dagegen langfristig kalkulieren, "dass das gesamte Wohnobjekt - ich sag mal salopp - in 50 Jahren kaputt ist", so Nauhauser.

Instandhaltungskosten je nach Zustand oder Größe

Damit der Wert der eigenen Immobilie erhalten bleibt, muss also zusätzlich zur monatlichen Kreditrate Geld für die Sanierungs- und Instandhaltungskosten zur Seite gelegt werden. Verbraucherschützer Nauhauser rechnet mit rund zwei Prozent des Gebäudewertes pro Jahr. Bei einer 400.000-Euro-Immobilie kann das also gut 8.000 Euro im Jahr heißen - oder rund 670 Euro im Monat, die zusätzlich zur Seite gelegt werden müssten. Andere Schätzungen orientieren sich an Werten wie der Quadratmeterzahl oder dem Alter.

Die Miete lässt sich also nicht direkt mit der Kreditrate vergleichen; am ehesten noch mit den Zinszahlungen inklusive Anschaffungs- und Instandhaltungskosten und allen anderen laufenden Kosten. Die Zinszahlungen fließen schließlich auch nicht in die Altersvorsorge, sondern an die Bank. Und die Instandhaltungskosten, die nicht der Wertsteigerung, sondern der Erhaltung dienen, gehen zum Beispiel an Handwerker oder Versicherungsunternehmen.

Gute Altersvorsorge?

Eine Immobilie sei im Grunde genommen eine gute Altersvorsorge, wenn die Voraussetzungen für den Kauf - wie etwa ausreichend Eigenkapital - gegeben seien, sagt Kommer. "Sie ist eine gute Form der Altersvorsorge, aber sie muss nicht die Beste sein und sie ist ganz gewiss nicht die einzig gute."

Auch Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale betont, dass die Immobilie eine rentable Vorsorge sein könne, es aber nicht sein müsse. Wenn man auf lange Sicht zurückblicke, seien durchaus viele Anlageklassen rentabler als Immobilien.

Schutz vor Rauswurf

Neben der Altersvorsorge ist auch das Thema Sicherheit für viele Menschen ein wichtiger Grund für die eigene Immobilie. Hausbesitzer müssen sich keine Sorgen darüber machen, ob ihnen die Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt wird. Dabei schätzt der Deutsche Mieterbund - denn offizielle Zahlen dazu gibt es nicht - die Zahl der Eigenbedarfskündigungen bei Mietwohnungen auf knapp 80.000 im Jahr.

Das ist allerdings eine kleine Zahl, wenn man bedenkt, dass es in Deutschland mehr als 40 Millionen Wohnungen gibt. Die Wahrscheinlichkeit, die Wohnung gekündigt zu bekommen, ist also ziemlich gering. Das Risiko besteht aber natürlich permanent.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 Fernsehen am 11. November 2021 um 16:15 Uhr.